Sportgymnasium Dresden Eliteschule des Sports

Sotschi 2014 - ein Exklusivbericht von Anna Seidel

01.04.2014 | Scheicher

An den Olympischen Winterspielen 2014 im russischen Sotschi nahmen Anna Seidel, Schülerin der Klasse 9S2 des Sportgymnasiums und Robert Seifert, ehemaliger Schüler des Sportgymnasiums, teil.

Lest  hier Annas Erfahrungsbericht - exklusiv für das Sportgymnasium Dresden!

"Es lohnt sich wirklich, sich dafür jeden Tag zu quälen; aufzustehen, auch wenn man keine Lust hat. Beim Training alles zu geben und zu kämpfen, um irgendwann bei den Olympischen Spielen dabei sein zu können. ..."

Seit Wochen freute ich mich auf das große Abenteuer Olympia. Doch ich musste zunächst 3 Tage lang bangen, ob ich mit meiner Grippe nicht zu ansteckend für die anderen Sportler bin. Letztendlich gab der deutsche Sportarzt aber grünes Licht und am Dienstag ging es zunächst nach Frankfurt. Am nächsten Morgen sahen wir ihn also nun: Den Flieger, der uns zum größten Sportevent nach Russland bringen sollte. Doch vorher wurden wir noch offiziell verabschiedet. Am Gate standen zahlreiche Sportler, doch mindestens genau so viele (wenn nicht sogar noch mehr) Journalisten. Eine Frau vom DOSB schnappte mich, positionierte mich vor den Journalisten und fragte einfach in die Runde, ob jemand Interesse an Anna Seidel hätte. Und ich konnte gar nicht so schnell realisieren, was geschah, denn Dutzende von Mikrophonen wurden auf mich gerichtet und die ersten Fragen gestellt. Dies und ein anschließendes Foto, bei dem ich neben Maria Höfl-Riesch stand, gaben mir schon einen Vorgeschmack auf das, was mich in Sotschi also erwarten würde.

Es heißt ja immer, dass wir Sportler stundenlang von Security-Checks und Passkontrollen aufgehalten werden, aber das kann ich überhaupt nicht unterschreiben. Gerade einmal 10 Minuten mussten wir warten und schon erhielten wir unsere Sportler-Akkreditierung und damit unser Ticket für das Olympische Dorf. Ihr müsst es euch wie eine ganz normale Wohnsiedlung vorstellen. Eine breite Straße, auf denen Busse und Sportler auf Fahrrädern fahren, die eigentlichen 6-stöckigen Wohnhäuser der jeweiligen Länder, ein Mensazelt, Fitness Center und ein Zelt für Freizeitaktivitäten. Außerdem gibt es ein eigenes Krankenhaus, die Dopingkontrollstation und zahlreiche so genannte Promotion Center. Doch das besondere an diesem Dorf ist eben das „Feeling“, einfach die gesamte Atmosphäre. Das Gefühl, ein Teil von der großen Sportwelt zu sein, jeden Tag anderen Profistars über den Weg zu laufen und im Mittelpunkt zu stehen ist unbeschreiblich und besonders. Noch dazu ist es ein Gefühl oder Erlebnis, was man sich nicht kaufen kann, da man wirklich Leistung bringen musste, um dort starten zu dürfen!

 

 

Ich teilte mir eine WG mit drei Eisschnellläuferinnen - Bente, Judith und meine Zimmergenossin Gabi. Die drei und auch die anderen Eisschnelllauf-Mädels waren echt super nett und es hat so Spaßgemacht mit ihnen.

Die nächsten Tage war zunächst erst einmal trainieren angesagt. Das tägliche Highlight waren die Mahlzeiten. Ein riesiges Zelt mit einem eigenen McDonald’s eingebaut und so vielen Gerichten, wie ich noch nie in meinem Leben unter einem Dach gesehen hatte. Von der asiatischen über die russische, europäische, italienische, vegetarische Küche bis zur Salat-, Dessert- und Obsttheke war wirklich alles dabei, was das Herz begehrt und es wurde nie langweilig! Die Eishalle war wie der Rest der gesamten Anlage gigantisch und echt super. Zu Beginn trainierten wir noch in einer extra Trainingshalle, aber bald dann nur noch im Iceberg Skating Palace. Es war auch bei den Trainingseinheiten jedes Mal eine besondere Spannung zu spüren und ich konnte es kaum erwarten.

Am 15. Februar war es dann so weit: mein 1500m Lauf stand auf dem Programm. Ich muss echt zugeben, dass ich tierisch aufgeregt war. Ich wusste selbst, dass niemand etwas Großes von mir erwartete, aber es schauten ja eben doch alle zu und ich wollte nun auch nicht gerade Letzte werden. Und es lief gut. Ich fühlte mich fit und wollte es einfach nur genießen, vor 12000 Leute samt meinen angereisten Eltern und Bruder, laufen zu dürfen. Ich lief kraftsparend von hinten und die Taktik ging auf: ich wurde Dritte. Das war viel mehr, als ich erwartet hatte und ich war total glücklich. Doch ich hatte gar nicht viel Zeit, denn es ging gleich weiter mit dem Halbfinale. Dort kam ich leider nicht noch einmal eine Runde weiter, denn der körperliche Unterschied zu der Konkurrenz ist dann eben doch noch zu groß, jedoch lief ich deutschen Rekord. Ich war mit dem Ergebnis trotzdem wirklich sehr zufrieden und ließ den Tag dann mit meiner Familie auf Sightseeing Tour ausklingen.

Es ist sogar möglich, Verwandte oder Freunde mit ins Dorf zu bringen. Das tat ich am nächsten Morgen natürlich auch. Meine Eltern und vor allem mein Bruder, der jeden Eishockeystar und samt Sidney Crosby nach Autogrammen fragte, kamen, wie ich an den ersten Tagen, aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Am Nachmittag fuhren wir noch ins deutsche Haus, welches im zweithöchst gelegenen Village lag. Insgesamt gab es drei Villages und ich war im Hauptdorf an der Küste ganz unten.

Im deutschen Haus aber traf ich mein großes Vorbild Magdalena Neuner! Vor, aber vor allem auch hinter der Kamera, konnte ich ihr all die lang ersehnten Fragen stellen und mit Erstaunen habe ich festgestellt, dass sie ja eigentlich auch nur ein Mensch und ganz normal ist. Ich bin dann mit ihr zusammen noch beim Biathlon zuschauen gewesen und habe diesen Tag echt genossen.

An den übrigen Tagen nach dem Wettkampf versuchten mein Trainer Miro, Robert Uwe (Physio) und ich uns so viel wie nur möglich von anderen Wettkämpfen anzuschauen. Eishockey, Eiskunstlauf, Eisschnelllauf und eben Biathlon - es war spannend und interessant, auch mal andere Sportarten kennenzulernen.

Die Zeit verging wie im Flug und ich versuchte die letzten Tage noch einmal alles aufzusaugen und zu genießen. Wir gingen auch mal ans Schwarze Meer, was ich so besonders an diesen WINTERSpielen fand, denn ich denke, dass es Meer und Berge nicht so schnell wieder geben wird.

Ich musste am 19. Februar leider schon ohne die Abschlussfeier zurückfliegen, weil ich noch ein wenig Vorbereitung für die kommende JWM brauchte (auch, wenn daraus nicht viel wurde, weil ich eine hartnäckige Erkältung mit nach Hause geschleppt hatte).

Zurückblickend gesehen, waren es einfach mit die besten zwei Wochen meines Lebens und wie jeder andere Starsportler auch schon gesagt hat:

Es lohnt sich wirklich, sich dafür jeden Tag zu quälen; aufzustehen, auch wenn man keine Lust hat. Beim Training alles zu geben und zu kämpfen, um irgendwann bei den Olympischen Spielen dabei sein zu können. Denn das Gefühl ein Teil dieser Menge zu sein, bei der Eröffnungsfeier für sein Land einlaufen zu dürfen und das erreicht zu haben, worauf man Jahre lang hingearbeitet hat, ist einfach einmalig und unbezahlbar.

Text und Bilder: Natürlich Anna Seidel